Pferdekauf
Verträge, Risiken & Rechte verständlich erklärt

Der Kauf eines Pferdes ist mehr als ein gewöhnliches Geschäft: Er verbindet Emotion, erhebliche Kosten und rechtliche Besonderheiten. Ob Turnierambitionen, Zucht oder Freizeit – wer ein Pferd erwirbt, sollte neben Haltung und Training auch Vertrag, Untersuchung und Gewährleistung im Blick behalten. Denn Unklarheiten über Gesundheitszustand, Einsatzfähigkeit oder vertragliche Zusagen führen schnell zu Streit.
Inhalt:
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Pferdekauf: Überblick
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Besonderheiten beim Pferdekauf
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Der Kaufvertrag (Beschaffenheit, Verwendungszweck, Dokumente)
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Ankaufsuntersuchung (AKU): klein oder groß?
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Mängelrecht: Wann liegt ein Mangel vor?
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„Gebraucht“ oder „neu“ – Bedeutung für den Vertrag
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Fristen & Beweislast (Privatverkauf / Unternehmerverkauf)
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Rechte bei Mängeln: So gehst du vor
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Häufige Streitpunkte (Praxisbeispiele)
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Checkliste vor dem Kauf
Besonderheiten beim Pferdekauf – warum Sorgfalt zählt
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Lebewesen statt “Ware”: Rechtlich werden Tiere zwar ähnlich wie Sachen behandelt (§ 90a BGB), tatsächlich sind sie individuelle Lebewesen – mit Gesundheitsrisiken, Temperament und Trainingsstand
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Hohe Werte, hohe Erwartungen: Preis, sportlicher Einsatz, Zuchtperspektive – all das beeinflusst, was Käufer:innen erwarten dürfen und was im Vertrag stehen sollte
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Internationaler Handel: Transport, Steuern, Import/Export und Quarantäne können zusätzliche Pflichten und Kosten auslösen. Wer grenzüberschreitend kauft, sollte diese Punkte vorab klären
Der Kaufvertrag: Klarheit verhindert Konflikte
Ein sauberer Vertrag ist das Herzstück. Empfehlenswert sind u. a. Regelungen zu:
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Beschaffenheit/Verwendungszweck (z. B. „freizeitgeeignet“, „M-Dressur platziert“, „Zuchtstute tragend“)
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Gesundheitsangaben & Befunde (Protokoll der Ankaufsuntersuchung, bekannte Vorerkrankungen)
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Gefahrenübergang & Übergabe (Zeitpunkt, Ort, Transport, Versicherung)
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Gewährleistung (Umfang, evtl. Verkürzungen im rechtlich zulässigen Rahmen)
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Kosten (AKU, Transport, evtl. Nachuntersuchungen)
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Dokumente (Pferdepass, Eigentumsurkunde, Impfstatus, Zuchtpapiere)
Praxis-Tipp: Formuliere die zugesicherten Eigenschaften konkret. Statt „top brav“ besser: „verkehrssicher im Gelände, allein und in der Gruppe, regelmäßig schmiedefromm, verladefromm“.
Ankaufsuntersuchung (AKU): klein oder groß?
Die AKU ist kein Luxus, sondern Risikomanagement!
Üblich sind:
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Kleine AKU: klinische Untersuchung (z. B. Herz/Lunge, Lahmheitsprobe, Augen, Zähne, Gliedmaßen).
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Große AKU: zusätzlich Röntgen, ggf. Ultraschall, Blutuntersuchung (Doping/Medikation). Besonders sinnvoll bei höherpreisigen Pferden oder sportlichem Einsatz.
Wer zahlt?
Das wird meist vertraglich festgelegt. Oft trägt der/die Käufer:in die AKU, bei negativen Befunden lassen sich Kostenaufteilungen vereinbaren. Wichtig: Befund ≠ Mangel. Entscheidend ist, ob der Befund die vereinbarte Nutzung beeinträchtigt.
Mängelrecht – was gilt beim Pferdekauf?
Rechtlich schuldet der/die Verkäufer:in die mangelfreie Übergabe (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB).
Ein Sachmangel (§ 434 BGB) liegt u. a. vor, wenn:
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die vereinbarte Beschaffenheit fehlt (z. B. zugesicherte Turnierplatzierungen, Zuchttauglichkeit, Verlade- oder Schmiedefrommheit);
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das Pferd sich nicht für den vereinbarten Zweck eignet (etwa Sporteinsatz), obwohl dieser Zweck Vertragsinhalt ist;
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die übliche Beschaffenheit fehlt, die Käufer:innen erwarten dürfen (z. B. grundlegende Reitbarkeit bei als Reitpferd verkauftem Tier).
Auch Rechtsmängel (§ 435 BGB) sind denkbar (z. B. Eigentumsstreit). In der Praxis sichern Pferdepass/Eigentumsurkunde und eine klare Übergaberegelung ab.
„Gebraucht“ oder „neu“ – warum das relevant ist
Ob ein Pferd als gebraucht gilt, ist eine Einzelfallfrage. Maßgeblich ist nicht nur das Alter, sondern z. B. Nutzung, Ausbildung und Gesundheitszustand. Diese Einordnung kann Einfluss auf Vertragsgestaltung und Gewährleistung haben.
Fristen, Beweislast & Konstellationen
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Verjährung: Gewährleistungsrechte verjähren grundsätzlich in 2 Jahren ab Gefahrenübergang (§ 438 BGB), vertragliche Verkürzungen sind in bestimmten Konstellationen möglich
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Beweislast: Grundsätzlich muss der/die Käufer:in den Mangel bei Gefahrübergang beweisen (§ 446 BGB)
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Verbrauchsgüterkauf (Unternehmer → Verbraucher): Die Vermutung, dass ein innerhalb der ersten 12 Monateauftretender Mangel schon bei Übergabe vorlag, begünstigt den/die Käufer:in (§ 477 BGB). Der/die Verkäufer:in kann diese Vermutung widerlegen
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Privatverkauf (Privat ↔ Privat): vertragliche Ausschlüsse/Verkürzungen sind weitergehend möglich – aber nicht für arglistig verschwiegene Mängel
Rechte bei Mängeln – so gehst du vor
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Mangel dokumentieren (Tierarztbefund, Fotos/Videos, Zeugen, Kauf-/AKU-Unterlagen)
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Verkäufer:in informieren und Frist zur Nacherfüllung setzen (§ 437, § 439 BGB)
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Nacherfüllung kann z. B. Übernahme von Tierarztkosten sein; ein „Ersatzpferd“ kommt nur ausnahmsweise in Betracht
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Wenn Nacherfüllung scheitert oder verweigert wird: Minderung oder Rücktritt; ggf. Schadensersatz (§ 323, § 441, § 440 BGB)
Wichtig: Ohne Gelegenheit zur „zweiten Andienung“ (Nacherfüllung) droht der Verlust von weitergehenden Rechten – es sei denn, Nacherfüllung ist unzumutbar oder offensichtlich aussichtslos
Häufige Streitpunkte – typische Beispiele
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Gesundheitsangaben: Wurde „kerngesund“ zugesichert, obwohl relevante Befunde vorlagen?
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Verwendungszweck: Als Sportpferd verkauft, aber wegen Befunds nicht belastbar – Mangel, wenn der Zweck Vertragsbestandteil war
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Trainingsstand/Leistung: Beworbene Platzierungen müssen belegbar sein
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Verladetraining/Schmiedefrommheit: Fehlen zugesicherte Eigenschaften, kann ein Mangel vorliegen
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Dokumentenlage: Unvollständige Papiere oder unklare Eigentumsverhältnisse führen zu Rechtsunsicherheit
Checkliste vor dem Kauf
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Einsatz & Erwartungen schriftlich fixieren (Freizeit, Turnierklasse, Zucht)
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AKU-Protokoll beifügen; Röntgenbilder sichern; evtl. Zweitmeinung
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Probereiten/Probeliegen (mehrfach, unterschiedliche Situationen – Halle, Gelände)
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Vertrag mit klaren Zusicherungen, Übergabe, Gefahrenübergang, Dokumentenliste
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Versicherung (Transport, Haftpflicht, OP-/Lebensversicherung) prüfen
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International: Transportlogistik, Einfuhrbestimmungen, Steuern, Zuständigkeiten